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  • AutorenbildDominique Pipal

Ist Sport-Mentaltraining etwas für Kinder?




Vorweg zwei kurze Antworten:


NEIN, wenn es um es um längere Einzelsitzungen oder auch Gruppenreflexionen geht. Aber das wollen ja auch viele erwachsene Sportler*innen nicht.


JA, wenn es um einfache Wahrnehmungs- oder Konzentrationsübungen geht. JA, beim spielerischen Lernen von Entspannung und Aktivierung. JA, beim Umgang mit Wettkampfdruck, Gewinnen und Verlieren. JA beim Setzen von kleinen Zielen und Sozialem Lernen. Und vor allem JA, beim Lernen von Verantwortungsübernahme!!!


Ich möchte mit dem letzten Punkt beginnen und behaupte ganz klar: JA, Kinder können schon mit fünf, sechs Jahren beginnen, Verantwortungsübernahme zu lernen, ohne dass sie inadäquat überfordert werden.


Und zwar beginnt dies bei der Zuständigkeit der Kinder, ihre Sportsachen selbst zuhause zu packen (z. B. Sportgerät, Schuhe, Trinkflasche, Trainingsjacke) und diese auch wieder heim zu bringen. Es geht dabei bei Kindern meist um drei bis vier Dinge, für die sie verantwortlich sind. Es kann dann schon mal passieren, dass sie ohne Badehose zum Schwimmtraining kommen, aber sicher nicht oft ;)

Und weiters sollen Kinder von der ersten Sportstunde an lernen, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen.


In meiner Stammsportart Tennis höre ich von Erwachsenen regelmäßig Sätze wie: „Der Platz war zu tief“, „Der Gegner war unfair“, „Der eine Netzroller im Tiebreak hat mich den Sieg gekostet“, außerdem müssen Wind, Sonne und viele andere äußere Einflüsse immer wieder als Ausreden für eine schlechte Performance herhalten. Dass Kinder diese Strategien der Verantwortungsabgabe natürlich auch gerne ausprobieren, ist deshalb nur nachvollziehbar. Um allerdings ihre Handlungsfähigkeit zu behalten und die Macht der eigenen Veränderung zu erlangen, müssen Menschen lernen, Verantwortung zu übernehmen. Ob am Tennisplatz, in der Sporthalle oder sonst im Leben.


Auch beim Thema „Gewinnen und Verlieren“ brauchen Kinder oft mentale Unterstützung. Gerade der Wettkampfsport bietet Kindern die Bühne, sich im Umgang mit „Gelingen und Scheitern“ zu üben. Das Wichtigste bei diesem Thema ist, dass dem Kind nach einem Wettkampf unmissverständlich vermittelt wird, dass das Ergebnis des Wettkampfes keinen Einfluss auf die Trainer/Schüler- oder Eltern/Kind-Beziehung hat. Es braucht auch viel Feingefühl, wenn es darum geht, fachliche Kritik zu üben. Oft brauchen Kinder etwas Zeit, um ihre Trauer oder auch Freude auszuleben, auch wenn das nicht bei jedem Kind so sichtbar ist.

In vielen Sportakademien finden auch kindgerechte Konzentrations-, Wahrnehmungs-, Entspannungs- und Aktivierungsübungen Einzug und sind manchmal sogar selbstverständlicher Teil des Trainingsprogramms.


Unabhängig davon, welches sportliches Leistungsniveau das Kind später jemals erreichen wird, es wird von einer ganzheitlichen (bio-psycho-sozialen) Ausbildung in jedem Fall für sein Leben profitieren.


Wenn Sie nun sagen, ich als Elternteil oder Trainer*in setzte das alles ohnehin um. Das sind selbstverständliche Bestandteile meiner Pädagogik, dann kann ich nur sagen: Bravo und Gratulation, da leisten Sie aber hervorragende Arbeit!

Wenn das nicht der Fall ist, sind Sie weder eine schlechte Trainerin noch ein ungenügender Vater. Niemand kann oder muss alles leisten. Aber vielleicht waren ein paar Anregungen dabei, das eine oder andere zu verändern.


Noch zwei Hinweise aus meiner elterlichen und auch psychologischen Erfahrung:


1. Meistens sind Auffälligkeiten beim Verhalten von Kindern bei sportlichen Wettkämpfen ein Ausdruck einer normalen Entwicklung, die sich in behütetem Umfeld wieder auflösen werden. Sollten diese allerdings über längere Zeit andauern oder ein besorgniserregendes Ausmaß erreichen, kann professionelle Unterstützung durch einen (sport-)psychologischen Berater angebracht sein. Wobei ich meine, dass ein Support für die Eltern oder Betreuer oft zielführender ist, da ja jene den Rahmen für die kindliche Entwicklung schaffen und dabei Vieles zum Positiven nachhaltig verändern können.


2. Bei allem, was hier besprochen wurde, tragen die erwachsenen Betreuer*innen die Verantwortung über die Rahmenbedingungen eines Wettkampfes und darüber einzuschreiten, wenn das Kind in eine überbordende Überforderung gerät. Leider habe ich auch schon einige Male miterlebt, dass Betreuer oder sogar Eltern das verzweifelte, in jenem Moment seinen Emotionen völlig ausgelieferte Kind, NICHT aus der Situation (dem Wettkampf) nehmen, um ihm Schutz und Geborgenheit zu geben. In so einer Situation lernt ein Kind nicht Verantwortung, sondern erlebt, dass es in seiner scheinbar ausweglosen Lage alleingelassen wird, weil Erwachsene wiederum ihre Verantwortung nicht wahrnehmen. (Dabei ist der Auslöser, sofern man ihn überhaupt kennt, zunächst vollkommen unerheblich!)

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