Für manche ist es ein Mythos, manche haben ihn schon erlebt und wissen es nicht, andere haben es sehr wohl bemerkt und wieder anderen Menschen gelingt es diesen Zustand immer wieder hervorzurufen. Es geht um das Erleben des Flow.
Gemeint ist der beglückende Zustand, bei welchem man in einer herausfordernden Tätigkeit aufgeht und völlig in diese vertieft ist.
Das klingt sicherlich sehr reizvoll. Gibt es also ein Rezept, um in den Flow zu kommen?
Die Antwort darauf muss leider lauten. Nein, ein Rezept oder eine Garantie gibt es nicht.
ABER die psychologische Forschung hat Merkmale herausgefiltert, anhand derer man sich orientieren kann, um durch Übung die Chance zu erhöhen, Flow zu erleben.
Hier stelle ich kurz die 8 Komponenten der Flowerfahrung (Flowskills), gespickt mit meinen eigenen Erfahrungen aus dem Sport, vor:
1. Klarheit der Ziele und unmittelbare Rückmeldung
Das Ziel ist bei sportlichen Aufgaben meist sehr klar. Als Tennisspieler weiß ich, was grundsätzlich nötig ist, um ein Match zugewinnen, ich kenne die Regeln und erlebe permanent und unmittelbar Erfolg und Misserfolg.
2. Hohe Konzentration auf ein begrenztes Feld
... diese erlaubt es tief in eine Aktivität einzutauchen. Nur wenn es mir gelingt beim Laufen meine Aufmerksamkeit auf den unmittelbar vor mir liegenden Weg zu richten und nicht auf die noch so schöne Landschaft, war mir Flow-Erleben möglich.
Wenn ich bei einem Tennismatch mit meiner Aufmerksamkeit bei den Folgen einer möglichen Niederlage oder bei den schwierigen Platzverhältnissen bin, ist jegliches Gefühl der Leichtigkeit in weiter Ferne.
3. Das Verhältnis zwischen Anforderung und Fähigkeiten
Wenn ich eher gemütlich Laufe (Unterforderung), was ich ganz gerne tue, dann kann bin ich meistens sehr kreativ, kann neue Ideen entwickeln, genieße gerne die Landschaft und grüble auch hin und wieder über allfällige Probleme nach. Das ist manchmal gut und wertvoll, bringt mich aber nicht in den Flow.
Laufe ich zu schnell, kämpfe ich mit meinem inneren Schweinehund und ich werde nicht lange durchhalten. Das kann einen gewollten Trainingseffekt bringen, aber keinen Flow.
Wenn ich allerdings ein herausforderndes, aber machbares Tempo wähle, ist die Chance auf den Flow-Zustand an manchen Tagen recht groß.
4. Das Gefühl von Kontrolle
Ich habe Kontrolle über meine Handlungen. Ich habe das Gefühle, das ich meine technischen Fähigkeiten zum Beispiel beim Tennisspiel in quasi jeder Situation im Griff habe. Das Gegenteil wäre etwa Angst vor einem tiefen Ball auf meine Rückhand oder ähnliches.
5. Die Mühelosigkeit des Handlungsablaufs
Dieser Aspekt gab der Flow-Erfahrung ihren Namen.
Auch wenn ich in einem herausforderndem Tempo laufe, habe ich das Gefühl ich könnte ewig so weiter laufen.
6. Die Veränderung des Zeiterlebens
Im Flow ist das sonst übliche Zeitgefühl aufgehoben. Je "tiefer" ich im Flow bin, desto schwieriger könnte ich auf eine plötzlich gestellte Frage nach der vergangen Zeit antworten. Ob ich nun bereits eine halbe Stunde oder erst zehn Minuten eines Ballspiels hinter mir habe, kann ich manchmal erst mittels eines Blicks auf die Uhr feststellen.
7. Das Verschmelzen von Handlung und Bewussheit
Durch die völlige Konzentration auf die Tätigkeit kommt es zu einer Verschmelzung von Aktivität und Aufmerksamkeit. Sorgen, Ängste, Grübeleien haben dann keinen Platz. Beim Tennis bin ich dann mit meiner Aufmerksamkeit nur beim Spiel an sich. Beim Laufen kommen zwar manchmal Gedanken, diese ziehen aber "wie im Lauf" vorüber, ohne mich weiter zu beschäftigen.
8. Die autotelische Qualität des Flow
"Der Weg ist das Ziel - das Ziel ist der Weg". Nicht erst das Ergebnis der Tätigkeit ist befriedigend, sondern bereits das Tun selbst. Wie schon erwähnt, bin ich im Flow "einfach nur im Spiel" oder ähnlich einem Kind "beim Spielen". Ähnlich ist es beim Laufen. Ich kenne zwar mein Ziel, aber es verliert im Flow teilweise bis völlig an Bedeutung.
Wer schon beim durchlesen der einzelnen Punkte Überlegungen angestellt hat, dem wird eventuell ausgefallen sein, dass man einige Aspekte unmittelbar beeinflussen kann (auch wenn vielleicht nicht jedes Mal bzw. nicht ohne Übung). Nämlich:
ad 1. Rahmenbedingungen kann ich herstellen
ad 2. Aufmerksamkeitssteuerung ist trainierbar
ad 3. die Intensität der Herausforderung sollte ich entsprechend wählen können
Aber ich behaupte, auch die anderen Merkmale können mir helfen, an mir zu arbeiten. Zumal dies ohnehin wertvoll ist, auch unabhängig vom Erleben eines Flows.
Und zwar geht es dabei um die Auseinandersetzung mit meiner Haltung gegenüber meiner sportlichen oder auch anderen Tätigkeit(en). Wobei natürlich diese Auseinandersetzung und eine Mögliche Entscheidung zur Änderung oder Anpassung von Aspekten meiner Haltung, die Übungen zur Folge haben wird.
Folgende Übungen liegen meiner Ansicht nahe:
* Loslassen üben, sich fallen lassen lernen
*(wieder)Erlernen zu spielen wie ein Kind (z. B. mit Kindern, ist aber auch mit Erwachsenen möglich)
*Beharrlichkeit üben
*Konzentrations- bzw. Aufmerksamkeit üben (wie oben schon erwähnt)
*Üben Ziele zu setzen (nur gesetzte Ziele können auch überwunden werden)
Viel Spaß beim Üben! Und komm in den Flow!
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