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AutorenbildDominique Pipal

Gewalt ist eine Lösung! ... und warum so oft eine männliche?


In regelmäßigen Abständen werden wir mit entsetzlichen Gewalttaten konfrontiert. In den

letzten Tagen liefen verschiedene Berichte, Analysen und Interviews durch die verschiedenen Medien, die sich mit den tragischen Geschehnissen in Halle, Kitzbühel und Guttaring auseinandersetzten.


Dabei stehen wir den Fragen hilflos und ratlos gegenüber. Warum tut jemand so etwas? Wie kann es dazu kommen? Können wir was dagegen tun?


So unterschiedlich zweifellos die Biografien und Hintergründe sein mögen, lassen sich doch ein paar Aussagen treffen, ohne sich in dubiose Interpretationen zu verlieren. Zwei davon möchte ich hier kurz skizzieren und davon jeweils einen Vorschlag ableiten:


1. Hinter jeder Gewalttat steckt ein Mangel an anderen „besseren“ Handlungsmöglichkeiten, unabhängig davon, ob der Leidensdruck etwa politisch, quasireligiös oder eher privat motiviert ist. Die Gewalttat wird als einzige oder zumindest einzig wirkungsvolle Lösung gesehen.

Somit stehen wir vor der Tatsache, dass für den Täter Gewalt eine Lösung ist. Es sei dabei erwähnt, dass Gewalttäter in den seltensten Fällen sogenannte „Psychopathen“ im diagnostischen Sinne sind, sondern durchaus empathie- und leidensfähige Menschen. Außerdem sehen wir ja nicht nur historisch, sondern in den Medien tagtäglich, dass Gewalt als legitimes Mittel der Konfliktlösung gilt, wie etwa in kriegerischen Auseinandersetzungen.


Wenn wir nun auf politischer oder zivilgesellschaftlicher Ebene weitere Schritte in Richtung Gewaltprävention machen wollen, müssen wir mit der pseudopädagogischen Lüge aufhören, Gewalt sei keine Lösung, sondern uns dem Phänomen stellen und junge Menschen schon möglichst früh mit alternativen gewaltlosen Konfliktbewältigungsstrategien im Rahmen von Persönlichkeitsentwicklung bzw. Sozialem Lernen vertraut zu machen.

2. Auf Grund meiner zehnjährigen Beratungserfahrung unter anderem mit Männern, die zu Tätern körperlicher Gewalt wurden, komme ich auf den zweiten Punkt zu sprechen.


Für viele Männer sind die Gefühle der Angst und der Trauer immer noch unwillkommene Emotionen, die als Hilflosigkeit wahrgenommen würden und im Bild ihrer gelernten männlichen Identität keinen Platz haben dürfen. Diese Gefühle dürfen nicht nur nicht gezeigt oder ausgelebt werden, sondern sollten am Besten gar nicht spürbar werden.


Auch diese Verdrängung führt zu einer Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten. Wenn etwa nach einer partnerschaftlichen Trennung Trauer Platz greifen sollte, reagieren manche Männer mit übermäßiger Wut, um die Traurigkeit nicht spüren zu müssen. Ebenso kann es sich mit Angst vor Fremden verhalten. Anstatt sich der Angst vor Unbekanntem zu stellen und mutig in Kontakt oder auch Konflikt zu treten, wird zugeschlagen. Das bzw. der potenziell angstauslösende Unbekannte wird eliminiert.


Auch hier gilt: Wollen wir als Gesellschaft etwas Konstruktives für mehr Gewaltlosikeit unternehmen, braucht es eine frühe geschlechterreflektierende Auseinandersetzung (damit das wertschätzende Ausreden von Meinungsverschiedenheiten unter pubertierenden Burschen nicht als abwertend "mädchenhaft" gilt).


In meiner Beratungspraxis biete ich unter anderem in Einzelgesprächen (teilweise auch in Gruppenseminaren) die Auseinandersetzung mit dem Umgang mit Wut/Aggression/Gewalt oder auch die Reflexion mit dem eigenen Geschlechterrollenbild an.


Anmerkung: 1. Es geht mir nicht darum zu behaupten, dass Gewalt nur männlich ist. 2. Ich spreche hier in erster Linie von körperlicher Gewalt, wobei für andere Weisen der Grenzüberschreitung ähnliche strukturelle Ursachen haben

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